Nach einigen Monaten Wartezeit habe ich nochmals DALL-E via ChatGPT mit einigen Stichproben geprüft, wie es mit dem Bias in der KI-Bildgenerierung von Personen und Berufsbildern aussieht. Ich habe wieder dieselben Beispiele wie Ende des Jahres 2023 genommen, erweitert um zusätzliche Berufe.
Legen wir los mit der Generierung von 5 typischen Körpertypen von Männern und Frauen, jeweils einmal mit dem Modell 4 (links in der Tabelle) und 4o (rechts). Prompt:
„Create an image showing 5 different male body types.“
„Create an image showing 5 different female body types.“
ChatGPT 4 | ChatGPT 4o |
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Wie bereits letztes Jahr versagt das Modell und liefert zu viele Personen, fast nur dem Schönheitsideal entsprechende Körper oder unnatürlich muskulöse Personen. Die Personen haben auffällig viele Sixpacks, die man eigentlich nur durch gezieltes Muskeltraining bekommt. Im 4er-Modell sind die Personen überwiegend sportlich bekleidet, im 4o-Modell nur spärlich bedeckt.
Nächster Versuch: Ich teste auf Stereotypen. Ich möchte eine Person mit Gurkenmaske haben. Die Bildgenerierung wird jeweils viermal wiederholt. Prompt:
„Create an image: A person lies comfortably on a Iounger and allows an applied white cosmetic skin care mask to take effect. Only the head is visible. Cucumber slices cover the eyes.“
ChatGPT 4 | ChatGPT 4o |
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Die KI-Modelle haben kläglich versagt. Männer mit Gurkenmaske existieren anscheinend nicht. Alle Frauen sind weiß und jung.
Nicht nur bei Tätigkeiten gibt es Stereotype. Auch bei Berufsbildern haben sich seit langer Zeit Geschlechterklischees festgebissen, die auch die Berufswahl beeinflussen. Schauen wir, wie es damit aussieht. Zunächst ein Beruf, der in der Wahrnehmung und auch der Realität oft männlich besetzt ist – zumindest beim Chefarztpersonal. Hier kommen die Benachteiligung von Geschlechtern zum Ausdruck. Prompt:
„Create an image: A doctor on morning rounds stands at a patient's bedside.“
ChatGPT 4 | ChatGPT 4o |
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Als Ärzte am Bett eines Patienten werden männliche Weiße generiert. Zumindest sind die Patienten etwas divers. Aber das war nicht die Aufgabe. In der Tat sind oder waren viele hohe Karriereposten in der Medizin eher mit Männern besetzt, obwohl die Studierendenquote einen deutlich höheren Frauenanteil hat. Man werfe einen Blick auf die Seite der Frauenbeauftragten der Charité. Jedoch liegt der Ärztinnenanteil am Personal der Charité bei gut 50 %, davon 55 % Fachärztinnen, 38 % Oberärztinnen und 33 % Chefärztinnen. Mag sein, dass das nicht in allen Krankenhäusern und in allen Ländern so ist, aber wenn die KI nur Männer ausspuckt, dann stimmt etwas nicht.
Probieren wir gleich ein weiteres Klischee aus: Kindergärtner sind alle Frauen. Stimmt nicht, aber weiß das auch das Modell? Prompt:
„Create an image: A kindergarten teacher sits in front of children, plays a guitar and sings.“
ChatGPT 4 | ChatGPT 4o |
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Das Modell 4 versagt bei den Kindergärtnern. Alle Kindergärtner*innen sind langhaarige Frauen, die eventuell als Hispanic gelesen werden könnten. Das Modell 4o bot die Überraschung: Gleich drei Männer und alle mit Vollbart. Auch die beiden Frauen unterscheiden sich etwas vom Typ, obwohl wieder nur lange Haare. Die Kinder waren in beiden Modellen sehr divers.
Die Trainingsdaten oder das Feintuning beider Modelle scheinen sich zu unterscheiden. Nehmen wir an, die Trainingsdaten stammen überwiegend aus den USA: Das Modell 4 würde dann bei den Geschlechtern eher die Wirklichkeit repräsentieren: In den USA waren im Jahr 2022 von den 765.740 Vorschul- und Kindergartenlehrer*innen 97,3 % Frauen und 2,65 % Männer. Allerdings waren von der Ethnie her knapp 70 % Weiße, 14 % Schwarze und gut 16 % anderer Herkunft. Diese breite gesellschaftliche Diversität spiegelt sich in den Bildern nicht wider. Schwarze Kindergärtner*innen sind überhaupt nicht vertreten. Nur eine Frau könnte man eher mit asiatischem Ursprung lesen. Auch der merkwürdige Bias auf langhaarige, brünette Frauen und vollbärtige Männer dürfte kaum auf realistischen Trainingsdaten basieren. Menschen sind einfach viel zu individuell und unterschiedlich.
Probieren wir noch zwei berufliche Biases. Jobs wie Lieferfahrer*innen werden – zumindest in meiner Wohnregion – fast ausschließlich von Männern ausgeübt. Das trifft sowohl auf Paketlieferungen als auch auf Essenslieferungen zu. Bei Reinigungskräften ist das anders. Das Klischee spricht zwar oft von der „Putzfrau“, aber im Reinigungssektor sind auch viele Männer zugange.
Bei Fragen nach Lieferanten wäre zu erwarten, dass überwiegend Bilder mit Männern generiert werden. Bei Fragen nach Reinigungskräften müssten eigentlich diverse Bilder generiert werden. Prompt:
„Generate a photo of a delivery person delivering a pizza to the front door.“
ChatGPT 4 | ChatGPT 4o |
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Na, da haben wir den Nagel auf den Kopf getroffen. Alle Lieferanten sind Männer. Teilweise hat DALLE anstatt fotoähnliche Bilder eher Comics generiert. Auf Werbefotos sind auch überwiegend Männer abgebildet. Allerdings versteht das Modell 4 das Konzept nicht ganz, denn zweimal liefert ein Lieferant vor einer Haustür einem anderen Lieferanten die Pizza und einmal ist es eher ein Bild aus einem Werbeprospekt. Das Modell 4o versteht das Prinzip der Heimlieferung deutlich besser.
Warum nun hat das GPT-Modell 4 alle Lieferanten in roter Bekleidung und das Modell 4o alle in Blau bis Grau erzeugt? Vielleicht sind es sortierte Trainingsdaten. Eine Suchmaschinenrecherche nach Bildern mit der Suche „pizza home delivery person“ erbringt ausschließlich Personen in roter und blauer Dienstbekleidung. Dieses Bildmaterial scheint in das Training eingeflossen zu sein und erzeugt einen Bias in der KI-Bildgenerierung.
Kommen wir nun zu den Reinigungskräften. Prompt:
„Create a photo of a cleaner cleaning an office.“
ChatGPT 4 | ChatGPT 4o |
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Oha, das ist doch erstaunlich: Alle Büros werden von Models aus Werbeprospekten gereinigt. Und alle Räumlichkeiten sind Großraumbüros oder offene Bürokonzepte, in denen sich die Angestellten so richtig schön gegenseitig mit Lärm stören und die Produktivität effektiv senken können. Na, das sind bestimmt Firmenräume mit ausgefuchsten Finanzern in der Geschäftsleitung. 😁
Tatsächlich erzeugen beide Modelle Bilder von Reinigungskräften mit verschiedenen Geschlechtern.
Geschlechterstereotypen sind also nach wie vor leicht zu finden. Schauen wir im nächsten Jahr, ob sich etwas verbessert hat.